Mehrfamilienhaus mit Energiezukunft, Zwirnerstrassse, Zürich, 2017

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Nutzung von überschüssigem Sommerstrom im Winter

Das Mehrfamilienhaus mit Energiezukunft in Zürich-Leimbach zeigt eine wegweisende Lösung für die zukünftige Energieversorgung. Mit Photovoltaikmodulen auf Dach und Fassade als hocheffiziente und ganzjährige Sonnenenergieerzeuger, e-Gas/Biogas als Energieträger, dem Erdgasnetz als Speicher, der Power-to-Gas-Technologie sowie der neuen Hybridbox als Herzstück kann das Haus sogar im Winter Strom ins Netz abgeben – bis jetzt undenkbar für ein Photovoltaikhaus.

 

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Die aktive Gebäudehülle

Eine geschuppte Haut umhüllt das Gebäude und schützt vor Wind und Wetter. Die einzelnen Hautschuppen bestehen aus Photovoltaikplatten, welche das Sonnenlicht in Sonnenstrom umwandeln. Die solaraktive Gebäudefassade kann in zwei Dimensionen gedehnt und gestaucht werden.

Das neu entwickelte modulare Fassadensystem erlaubt es über 95% der Fassadenoberfläche mit derselben Modulgrösse zu belegen. Über 1 000 gleiche Photovoltaikmodule sind das Resultat dieses flexiblen Systems. Die hohe Stückzahl gleicher Modulgrössen wirkt sich positiv auf die Kostenstruktur aus.

Das für die geschuppte Gebäudehaut entwickelte Montagesystem basiert auf einer einfachen und preiswerten Hakenhalterung aus Edelstahl. Jeder einzelne Haken hält bis zu vier Photovoltaikmodule. Die PV-Module werden von Hand eingehängt, was eine einfache und schnelle Montage garantiert.

Für Reparaturen kann ein PV-Module ebenso einfach von Hand ausgetauscht werden, ohne dass nur eine einzige Schraube gelöst werden muss. Die matte und warmfarbige Oberfläche der PV-Module verleiht dem Haus einen edlen Charakter. Die Zellstruktur verschwindet hinter der leichten Bedruckung des matten Frontglases. Erst bei Annäherung ans Gebäude werden die einzelnen Photovoltaikzellen sichtbar.Je nach Lichtstimmung und Tageszeit erscheint die Fassadenfarbe: In der Dämmerung wirkt sie dunkelbraun, bei Nebel wird das diffuse Licht grau reflektiert. Scheint die Sonne, schimmert die Fassade in einem warmen Grüngrau.

Farblos eloxierte Aluminiumzargen umrahmen die Öffnungen in der PV-Fassade. Die aluminiumfarbigen Zargen bilden zusammen mit den verschiedenen Grautönen der Fassade einen harmonischen Farbklang. Ein warmes Gold betont die feinen Rahmen der Fenster.

Das Sockelgeschoss und die Einschnitte im Attikageschoss sind in einem ruhigen und flächigen Verputz gehalten und schaffen einen guten Kontrast zur lebendigen, geschuppten Fassadenhaut. Diese gestalterische Lösung bringt den Vorteil, dass die Bepflanzung im Erdgeschoss in Fassadennähe angeordnet werden kann ohne eine Beschattung der aktiven Fassadenhaut zu riskieren.

Des Weiteren wird ein Diebstahl der leicht austauschbaren PV-Module im Erdgeschoss verhindert.

 

Aufgeständerte Photovoltaik-Dachanlage

Auf dem Dach sind neuartige Photovoltaik-Module von Meyer Burger installiert. Die neue Generation von Solarmodulen sammelt das Sonnenlicht sowohl über die Vorder- als auch über die Rückseite. Die Module liefern so Elektrizität aus direkter und indirekter Sonnenstrahlung (Reflektion).

Um den Reflektionsgrad der Dachoberfläche zu steigern wurde auf dem Dach ein helles Marmorkies eingebracht. Es wird eine Leistungssteigerung im Vergleich zu herkömmlichen Photovoltaikmodulen von über 5 % erwartet.

 

Prinzip Vernetzung

Im Sommer produzieren diese Photovoltaikanlagen - gemessen am Verbrauch – Überschussstrom, während im Winter der Stromverbrauch steigt, gleichzeitig aber die Energieproduktion durch Photovoltaik sinkt: Trotz Überschuss im Sommer entsteht so ein Stromdefizit. Das neue “Mehrfamilienhaus mit Energiezukunft“ in Zürich-Leimbach zeigt hier einen neuen, visionären Lösungsansatz, bei dem keine nicht amortisierbaren Mehrkosten entstehen. Das Prinzip: Der überschüssig produzierte Strom der Photovoltaikanlage kann im Sommer in einer externen Power-to-Gas-Anlage in Wasserstoff und mit anschliessender Methanisierung (Zuführen von CO2) in Methangas (e-Gas/Biogas) umgewandelt werden. Dieses CO2-neutrale  und erneuerbare Gas wird ins Schweizer Erdgasnetz eingespeist und gespeichert. Im Winter bezieht das „Mehrfamilienhaus mit Energiezukunft“ das so „zwischengelagerte“ Methangas über das Erdgasnetz wobei hier die revolutionäre Hybridbox als Energiezentrale eine entscheidende Rolle übernimmt. Die kompakte Anlage reagiert flexibel auf Stromangebot und Nachfrage, hält aber stets den Fokus auf die bedarfsgerechte Wärmeversorgung des Gebäudes. Steht an einem sonnigen Wintertag genügend Solarstrom zur Verfügung wird dieser direkt von der internen Wärmepumpe genutzt. Die Hybridbox kann jederzeit auf Gasbetrieb umstellen, für den Fall, dass zu wenig Solarstrom erzeugt wird. Ideal also für ‚dämmrige‘ Wintertage. Reicht der Solarstrom nicht aus, erzeugt die Hybridbox den notwendigen Strom für das Gebäude und gibt den Überschuss an das öffentliche Netz ab.  

Dank der Kombination von Photovoltaik, Power-to-Gas und Hybridbox steht im „Mehrfamilienhaus mit Energiezukunft“ zu jeder Jahreszeit ausreichend Energie für Wohnen und Leben, aber auch ausreichend Strom und e-Gas/Biogas für den Betrieb von Elektro-und Gas-Fahrzeugen (erneuerbare Mobilität) zur Verfügung. Die beiden zurzeit umweltschonendsten Fahrzeugtypen können in Zukunft dank eigenen Ladestationen direkt im Haus aufgeladen bzw. getankt werden.       

 

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Info
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Standort:

Zwirnerstrasse 78, Zürich

Leistungsumfang:

Strategische Planung, Vorstudie, Projektierung, Gestalterische Begleitung, Entwicklung des Fassadensystems inkl. Patent

Nutzfläche:

1323 qm Wohnfläche

Wohnungen:

11

Projektpartner:

Umwelt Arena Schweiz